Kamerun

Landschaft und Kulturraum:

Kamerun ist mit etwa 475.000 km² etwa ein Drittel größer als die Bundesrepublik Deutschland. Es liegt in Westafrika am Golf von Guinea und erstreckt sich über 800 km in Nord- Süd- Richtung. Die Anrainerstaaten mit der längsten gemeinsamen Grenze sind Nigeria und Tchad, gefolgt von Gaboun, der Zentralafrikanischen Republik, Äquatorialguinea und Kongo. Das Relief Kameruns gliedert sich in eine, räumlich mehr oder weniger ausgeprägte, flache Küstenregion, die sich in einzelnen Schichtstufen zum Südkamerunplateau erhebt. Nördlich anschließend steigt das Niveau zur damaoua- Hochebene nochmals an. Weiter Richtung Norden fällt dieses zentrale Hochland zur Tschadseeebene hin wieder ab. Im Westen des Landes erhebt sich ein vulkanisches Bergland, dessen Ausläufer bis in die nördlichen Mandaraberge reichen. Höchster Gipfel dieses Gebirgszugs ist der direkt am Golf von Guinea gelegene 4095 m hohe Mt Kamerun. Kameruns Klima ist tropisch, mit Anteilen an Äquatorialklima und tropischem Wechselklima, hinzu kommen die Höhenstufen, die am Mt Kamerun bis in die alpine Stufe reichen. Eine differenziertere Klimaklassifikation ergibt für Kamerun einen Bereich, der von immerfeuchtem tropischem Regenwaldklima im Süden in der Region Douala mit einer Trockenzeit 0-2 Monate, über sommerfeuchtes Savannenklima im Zentrum mit einer Trockenzeit von 3-5 Monaten, bis zum tropischen Trockensavannenklima im Norden mit 5-8 Monaten Trockenzeit reicht. Darüber hinaus gibt es klimatische Extremstandorte wie die Region westlich des Mt Kamerun, die mit enormen Regenmengen von über 11 000mm/Jahr zu den niederschlagsreichsten Gebieten der Welt zählt. 
Die lokalen Klimabedingungen sind von geografischer Breite, der Entfernung zum Meer und er Höhenlage abhängig. Als Ökozonen sind die immerfeuchten Tropen mit tropischem Regenwald, die wechselfeuchten Tropen mit Feuchtsavanne und Trockensavanne und die tropischen Trockengebiete mit Dornsavannen vertreten.

Sozialgeographische Gegebenheiten
Die Einwohnerzahl beträgt (Stand 2013) etwa 20,5 Mio Einwohner mit einer Einwohnerdichte von 35,7 Einwohner pro km² (Vergleich BRD: 80,5 Mio Einwohner, 226 Einw. / km²) Etwa 50% der Bevölkerung lebt heute in Städten. Die wichtigsten Städte sind die Hauptstadt Yaounde mit ca. 1 Mio Einwohner und die größte Stadt des Landes Douala mit ca. 2 Mio Einwohnern. Weitere wichtige Städte mit Bevölkerungszahlen über 100 000 sind zumeist gleichzeitig auch die Hauptstädte der insgesamt 10 Landesprovinzen. Außerdem gibt es über 50 Städte mit Einwohnerzahlen zwischen 10 000 und 100 000.
Mit Urbanisierungsraten um 3 % hält die Migration in die städtischen Zentren nach wie vor an, mit allen damit verbundenen Problematiken. 
Aber auch außerhalb der Städte ist die Bevölkerungsverteilung je nach Region sehr unterschiedlich. So gibt es im Norden sowohl dicht besiedelte Gebiete mit Einwohnerzahlen von 90 E/km², wie z.B. in den Mandarabergen, als auch dünnbesiedelte Gebiete, wie das Adamaouaplateau, mit durchschnittlich weniger als 5 Einwohnern/km².

Soziomedizinische Gegebenheiten
Aktuelle Lage der Gesundheitssituation der Bevölkerung Kameruns:
Kamerun gehört zu den Entwicklungsländern, und trotz einiger Fortschritte ist die Situation des Gesundheitswesens in Kamerun immer noch unbefriedigend. Dies lässt sich an einzelnen Kennzahlen deutlich machen:
Lebenserwartung: 53 Jahre für Männer, 55 Jahre für Frauen
Bevölkerungswachstum 2%
Anteil der „unter 20 jährigen“ an der Gesamtbevölkerung: über 55%
Kindersterblichkeit (unter 5 Jahre): 154 / 1000
Müttersterblichkeit: 600 / 100.000
HIV Anteil an der Bevölkerung zwischen 15 und 49 Jahre: 5,1 %
Tuberkulose (Inzidenz pro 100.00 pro Jahr): 190
Malaria (registrierte Fälle 2008): 1.650.750
Dabei ist die Situation in einzelnen Landesteilen differenziert zu betrachten. Grundsätzlich ist der Norden des Landes im Vergleich zur Gesamtsituation noch weiter benachteiligt (10).Die Gründe für die schlechten Kennwerte sind vielfältig:
Neben ungenügenden sanitären Verhältnissen, Unterernährung, Armut und Korruption finden sich auch Defizite im eigentlichen Gesundheitssystem. Diese haben direkten Einfluss in die Arbeit der Ärzte und Pfleger vor Ort und beeinflussen diagnostische und therapeutische Entscheidungen:
Unzulängliche finanzielle Ausstattung des öffentlichen Gesundheitssystems:
Kamerun gab in den letzten Jahren im Schnitt 13 % des BSP für Gesundheit und Bildung aus, ein durchaus eindrucksvoller Wert im Internationalen Vergleich. Davon erreichten jedoch kaum 50% den eigentlichen verbrauchenden Gesundheitssektor, der Rest versickerte in undurchschaubaren Strukturen. Damit ist eine grundlegende und langfristige Verbesserung der gesundheitlichen Situation der Gesamtbevölkerung nicht zu erwarten, einige Kennzahlen verschlechtern sich tatsächlich im Rückblick über die letzten 10 Jahre.
Fehlen einer allgemeinen Krankenversicherung:
Jede Art der Medizinischen Hilfe muss von den Patienten selbst bezahlt werden. Dazu gehören neben den Kosten für jede Arzt- Konsultation auch Medikamente und Verbandstoffe, technische Untersuchungen, Bescheinigungen etc.. Im Rahmen einer stationären Behandlung müssen alle Medikamente und Verbandstoffe in der Krankenhausapotheke gekauft werden, ebenso erfolgt die Versorgung des Patienten (Verpflegung, persönliche Hygiene usw.) durch Angehörige und stellt keine Krankenhausleistung dar. Die hier entstehenden Kosten steigern sich, je spezieller und höherwertiger die abgeforderten medizinischen Leistungen sind. So kostet die Konsultation einer Krankenschwester im Centre Medicine Integré (Versorgungsstufe 5) z.B. ca. 0,30 €, die Konsultation eines Facharztes im Regionalkrankenhaus (Versorgungsstufe 3) ca. 7,50 €. Eine Kostenerstattung gibt es praktische nicht, lediglich die nicht gewinnorientierten Einrichtungen unter Trägerschaft der verschiedenen Kirchen oder NGOs bieten im Einzelfall Unterstützung für mittellose Patienten. Eine Ausnahme gilt lediglich für die Angestellten großer, staatlicher Unternehmen sowie Polizei und Militär, diese müssen für den Erhalt der Leistungen des Gesundheitssystem in Vorleistung treten, erhalten jedoch einen Anteil der Kosten nach Abschluss der Behandlung wieder erstattet.
Unzureichender Zugang zu Medikamenten:
Medikamente und Verbandstoffe müssen von Patienten grundsätzlich selbst beschafft und bezahlt werden. Über das öffentliche Gesundheitssystem werden lediglich Impfungen bei Kindern im Rahmen von Impfkampagnen kostenfrei durchgeführt. Ebenso sind die Medikamente zur Behandlung von HIV, Tuberkulose und Lepra kostenfrei. Die hier notwendigen Untersuchungen müssen jedoch vom Patienten selbst getragen werden.
Zugang zu Medikamenten und Verbandstoffen bietet sich in Kamerun auf mehreren Wegen: zum einen über die normalen Apotheken, die unter der Leitung eines Apothekers stehen und über die die meisten meisten Medikamente bezogen werden können. Medikamente, die etwas aus dem üblichen Behandlungsschema herausfallen, können dort bestellt werden, was jedoch mitunter mit mehrtägigen Wartezeiten verbunden ist. Die Qualität der dort verkauften Medikamente ist, da sie über internationale Großhändler bezogen werden, im Allgemeinen zuverlässig, jedoch ist der Preis auch außerordentlich hoch und durchaus mit den Preisen in Europa vergleichbar.
Wesentlich günstiger werden Medikamente von Händlern auf den Märkten angeboten. Hier gibt es jedoch keinerlei Qualitätskontrolle und wirkstofffreie Fälschungen oder unsichere Wirkstoffmengen sind fast schon die Regel.
Daneben vertreiben die öffentlichen Versorgungseinrichtungen aller Stufen über eine eigene Apotheke Medikamente, wenn die sie in dieser Einrichtung verordnet wurden. Der Bestand dieser Medikamente orientiert sich, angepasst an die örtlichen Gegebenheiten, an den Empfehlungen der WHO (2), wobei immer wieder Versorgungsengpässe fast die Regel sind. Diese Medikamente werden werden durch ein staatliches Apothekensystem für diese Einrichtungen zur Verfügung gestellt, sind günstig und qualitativ im allgemeinen sicher. Allerdings werden hier wichtige Bereiche wie Chemotherapeutika, Opioid- Analgetika oder auch Insuline überhaupt nicht abgedeckt.
Mangel an ausgebildeten Ärzten:
Statistisch gesehen kommen in Kamerun weniger als 2 Ärzte auf 10.000 Einwohner (3,9). Damit liegt Kamerun in etwa auf dem üblichen Standard vergleichbarer westafrikanischer Länder. Ein Problem ergibt sich jedoch aus der Verteilung der Ärzte: diese konzentrieren sich auf die Ballungsgebiete und Millionenstädte Yaounde und Douala im Süden des Landes , in der sich ein Großteil der wohlhabenden Bevölkerung des Landes befindet. Regionen wie die Nordprovinzen sind dagegen auf allen Versorgungsebenen ärztlich deutlich unterversorgt, viele Arztstellen in Krankenhäusern der Ebene 4 unbesetzt. Die vorhandenen Gesundheitseinrichtungen müssen häufig mit nur einem Teil der geplanten ärztlichen Mitarbeiter auskommen, Spezialisten finden sich kaum noch.Die Verfügbarkeit zahnärztlicher Versorgung ist vergleichbar schlecht, für ganz Kamerun sind lediglich 58 Zahnärzte registriert, und davon arbeiten nur 2 in den drei nördlichen Provinzen.
Mangelhafte Infrastruktur:
Nur etwa 8 % aller Straßen Kameruns sind befestigt, d.h. der Zustand aller anderer Straßen ist sehr von Umwelteinflüssen abhängig. Im Süden kommt es häufig durch Erdrutsche und Unterspülungen zu Unterbrechungen der Verbindungen, im Norden ist der Verkehr auch auf den Hauptstraßen während der Regenzeit behindert bis unmöglich. Dies macht es zum einen für die Patienten beschwerlich, eine adäquate Gesundheitseinrichtung zu erreichen, zum anderen ist auch die Versorgung dieser Einrichtungen mit Nachschub an Medikamenten und Verbandstoffen betroffen. Die Stromversorgung ist zeitweise ebenso kritisch, und nicht alle Krankenhäuser der Versorgungsstufe 3 und 4 könne sich mit einem eigenen Generator behelfen.

Aufbau des öffentlichen Gesundheitssystems:
Das öffentliche Gesundheitssystem Kameruns ist in enger Anlehnung an die Verwaltungsstrukturen des Landes gegliedert. Dabei tragen die Krankenhäuser den Schwerpunkt der ärztlichen Versorgung.
Versorgungsstufen 1 und 2: hier sind überregionale Zentren zusammengefasst, die theoretisch das gesamte Angebot der modernen Medizin darstellen sollen. In diesen Bereich fallen die beiden Zentralkrankenhäuser in den Millionenstädten Douala und Yaounde, die gleichzeitig Funktionen als universitäre Lehrkrankenhäuser wahrnehmen.
Versorgungsstufe 3: Regionalkrankenhäuser. Jede Provinz verfügt über ein Krankenhaus dieser Versorgungsstufe . Hier sollte sich im allgemeinen eine fachärztliche internistische, chirurgische, gynäkologisch- geburtshilfliche sowie pädiatrische und zahnärztliche Versorgung finden. Geplant ist ebenfalls, in diesen Krankenhäusern einen CT- Scanner vor zu halten.
Versorgungsstufe 4: Auf Ebene der Arrondissements finden sich die Distrikt Hospitäler dieser Versorgungsstufe, in der die erste ärztliche Versorgung der Bevölkerung sowohl stationär wie auch ambulant statt findet. Hier sind im allgemeinen 1 bis 3 Ärzte tätig, deren Qualifikation neben einer allgemeinmedizinischen Ausbildung auch die einer Basis- Chirurgie zur Beherrschung von Notfällen wie Sectio Cesarienne („Kaiserschnitt“) umfasst. Etwa ein Drittel dieser Krankenhäuser befindet sich nicht in staatlicher, sondern in privater, nicht- profitorientierter Trägerschaft.
Versorgungsstufe 5 und 6: Die weiteren, nachgeordneten Versorgungseinrichtungen der Stufe 5 und 6 werden lediglich von Krankenpflegern betrieben und stellen in ländlichen Gegenden den ersten Anlaufpunkt für Patienten dar.
Neben diesem, auf Krankenhäusern gestützten System der ärztlichen Versorgung findet sich noch ein System von Distrikt- und Provinz- Ärzten, deren Aufgaben jedoch in der Sicherstellung von Vorsorge- und Prophylaxe Maßnahmen liegen und die selbst wenig in die Krankenversorgung eingebunden sind.
Besonders in den ärmeren nördlichen Provinzen ist das System traditionellen Medizin, basierend auf der Arbeit von Heilern, noch sehr verbreitet, das aber einem ausschließlich spirituellen medizinischen Ansatz folgt.

HNO- und Kopf- Hals- Chirurgische Versorgung
Für die Provinzen Extrem- Nord, Nord und Adamaoua beträgt die zu versorgende Bevölkerung 4,2 Mio Einwohner. Hinzu kommen Bewohner der Grenzregionen im Tchad und Nord- Nigeria, da in diesen Ländern die medizinische Versorgung eher noch schlechter ist als in Kamerun. Es erscheint realistisch, von einer Zahl von etwa 5 Mio Einwohnern aus zu gehen. Denen stehen gegenüber 3 Krankenhäuser der Versorgungsstufe 3.
In Kamerun sind Stand 2013 32 Fachärzte für HNO- Heilkunde und Kopf- Hals- Chirurgie registriert. Davon arbeiten die meisten in den Provinzen Central (Yaounde) und Littoral (Douala). Nur jeweils ein HNO- Arzt ist registriert in der Provinz Nordwest (Mbingo) und Nord (Garoua).
Der HNO- Arzt in Garoua ist am dortigen Hôpital Provincial tätig. Dieser führt jedoch nur kleine ambulante Eingriffe durch, eine echte chirurgische Versorgung ist hier nicht gegeben. Mund- Kiefer- Gesichts- Chirurgen finden gar nicht in diesem Gebiet. Die zahnärztliche Versorgung beschränkt sich auf zwei Zahnärzte in drei Provinzen, die angelehnt an die Provinz- Krankenhäuser praktizieren(9). Es steht somit bei 5 Mio. Einwohnern keine reguläre chirurgische Versorgung für Patienten mit Kopf- Hals- chirurgischen Erkrankungen zur Verfügung.
Durch privates Engagement wird diese Situation nur etwas punktuell gemildert: Seit über 30 Jahren engagiert sich ein deutscher MKG- Chirurg meist zwei Wochen pro Jahr in einem Hospital der Versorgungsstufe 4 in der Provinz Extrem- Nord und einmal jährlich reist eine Gruppe der Deutschen Cleft- Kinder- Hilfe für einen Woche in die Provinz Adamaoua, um dort Kinder mit Lippen- Kiefer- Gaumenspalten zu versorgen (16). Seit 2011 arbeiten deutsche HNO- Ärzte für mehrere Monate im Jahr in den Provinzen Extrem- Nord und Adamaoua .
Die Versorgung der gleichen Bevölkerungsgruppe durch Fachärzte Anästhesie ist vergleichbar: in allen drei Provinzen gibt es keinen Facharzt für Anästhesie, lediglich kurzzeitige private Einsätze von Spezialisten aus Europa und den USA führen zu punktuellen Entlastungen. Üblicherweise wird die anästhesiologische Versorgung erst auf Krankenhäusern der Versorgungsstufe 3 angeboten und dann von speziell ausgebildeten Pflegern durchgeführt. Eine adäquate postoperative Überwachung oder eine wie auch immer geartete intensiv- medizinische Versorgung existiert in ganz Nord- Kamerun jedoch nicht.